Montag, 19. Januar 2015

Von Klingspor zu Montez: Kunstspaziergang von Offenbach nach Frankfurt

Gestern war ein schöner sonniger Januartag - wie gemacht, um die Winterdepression mit etwas Licht in die Flucht zu schlagen. Ich hatte eine Gästekarte für den Neujahrsempfang im Klingspormuseum bekommen und also kurzentschlossen betrat ich etwas nach halb zwölf die gute Stube Offenbachs, das Klingspor-Museum http://www.klingspor-museum.de, untergebracht in einem Flügel des Büsingpalais. Licht durchflutet empfing mich das Treppenhaus. Von oben hörte ich Stimmengemurmel und folgte ihm. Stefan Soltek war schon in seiner Rede und faltete, gemeinsam mit Barbara Levi-Wach ein wunderbares Kunstbuch in Form eines Leporello, das den New Yorker Sunset Strip in voller Länge zeigt, auseinander - eine besonders schöne Erwerbung dieses für die Offenbacher Stadtgeschichte so wichtigen Museums der Buchstabenkunst. Stefan Soltek bezeichnete das Werk trefflich als frühe Version von Google Street View. Zu den Feierlichkeiten spielten drei Jungsaxofonisten frischmelodisch auf, dass es eine Freude war. Dazu blinkte immer mal wieder die Wintersonne durch die Fenster und ich entdeckte eine schöne Arbeit von Max Ernst. Die Schätze des Hauses muss ich mir einmal ganz in Ruhe ansehen, beschloss ich. 

















Nach netten Gesprächen mit den Freunden des Klingspor Museums e. V. ging es vorbei am Bernardbau hinunter an den Main, wo die neue Karl-Ulrich-Brücke und ein viel diskutiertes neues Parkhaus am neuen Hafenareal am Weg lagen. Diese Gegend ist geprägt von Vergehen und Entstehen von Ende und Anfang. Hier noch Spuren alter Industrieanlagen, dort schon neues Wohnen am Main, hier noch Reste der Partymeile auf der Hafeninsel oder der im Winterschlaf befindliche Hafengarten, dort schon hoch aufragend die neue Brücke nach Frankfurt und das hoch aufragende EZB-Haus. 


 


Dort ganz in der Nähe befand sich mein Ziel, nachdem ich mich noch kurz mit einem heißen Apfelwein im Vereinslokal der Frankfurter Ruderer aufgewärmt hatte. Der Kunstverein Montez http://kvfm.de, nach dem Exil nun beheimatet unter der Brücke, das heißt in den zwei letzten Brückenbögen, die eine sehr gelungene Verbindung zwischen alter Industrie und neuer Kunst bilden, hatte eingeladen zur Finnissage der Ausstellung Treibhaus von Kai Teichert. 

Als ich ankam, lockte das Licht sogleich in den großen Ausstellungssaal und das an der großen Wand befindliche Hauptwerk "Pfaueninsel" zog mich mit seinen verschlungenen Menschenleibern und Vogelgestalten in seinen Bann. Immer noch weitere Köpfe und Körper möchte man erkennen im Blattwerk und im Gezweig. In ihrer duftigen Gegenständlichkeit, mit der lichten Farbigkeit von Pastell und Acryl auf Leinwand und Stoff zum Teil frei hängend, nehmen die Bilder die Verbindung zwischen den Kunstepochen auf und sind voller Zitate. Die Betrachterin fühlt sich erinnert an Breughel und Bosch, an Michelangelo und Cranach aber auch an die Symbolisten - gleichzeitig knüpfen die freizügig dargestellten vielen Paare das Band ins Hier und Jetzt.  





Schnell hatte ich auch noch ein anderes, kleineres Lieblingsbild am Beton hängend gefunden, das sowohl Elemente der Pfaueninsel als auch des großen japanischen Blütenbildes in sich vereint. Danach ließen Kaffee und Kuchen sich vortrefflich genießen im prachtvollen Betonfoyer.